Ein Internet in der DDR?

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Ein Internet oder Intranet in der DDR?

„Was wäre in der DDR geschehen, wenn das Internet 1988 in der heutigen Form existiert hätte?“ lautet eine Frage, die ich gerade im Internet fand. Die Antworten verwunderten teilweise.

Wäre ein Internet in der DDR technisch möglich gewesen?

In den Antworten zu dieser Frage kam so ziemlich alles zur Sprache. Es gäbe in den privaten Haushalten der DDR keine Computer, abgesehen bei wenigen elitären Personen.

Es stimmt, DDR Heimcomputer wie der „HC 900“ oder „KC 85“ waren in den Anfangsjahren kaum zu bekommen, später standen sie wiederum als Ladenhüter in den Schaufenstern. Es war vorteilhafter, Westgeld zu tauschen und dafür im Intershop einen Commodore C64, Amiga 500 oder Atari ST zu kaufen.  Alternativ konnte Oma oder Opa einen Computer aus dem Westen mitbringen. Rentner hatten in der DDR Reisefreiheit, so gern man diesen Umstand auch unter den Tisch fallen lässt.

Aufschlussreich sind die Kleinanzeigenteile der damaligen Zeitungen und Zeitschriften. Was in wenigen Tagen allein in Leipzig regelmäßig verkauft wurde, zeichnet ein anderes Bild. Heimcomputer waren in der DDR nicht billig, aber keine Mangelware. Wer genug Geld hatte, was ich betone, konnte sich problemlos einen neuen Computer kaufen.

Es gab eine rege Computer-Gemeinschaft, gefördert vom Staat. Die Zeitschrift „Jugend & Technik“ veröffentlichte Bauanleitungen für Heimcomputer, half bei der Programmierung. Im Handel gab es Leiterplatten zu kaufen, die nur noch bestückt werden mussten. In der DDR lernte jeder seinen Computer mit BASIC oder Assembler zu füttern. Gespielt wurde auch, aber das Interesse an Hardware und Programmierung war ausgeprägter. Technisch betrachtet, seitens der User, hätte es in der DDR also durchaus ein Internet geben können.

Die DDR verfügte über eine eigene Top-Level-Domain!

Weil die DDR zur Zeit der Einführung der Top-Level-Domains existierte, war die Top-Level-Domain .dd für sie vorgesehen. Diese TLD wurde nur intern in einem Intranet der Universitäten Jena, Dresden und Rostock verwendet. Von außerhalb waren die Rechnernetze dieser Universitäten in der DDR nicht zu erreichen, da die TLD „.dd“ von keinem DNS supportet wurde.

Hätte die DDR ein (freies) Internet erlaubt?

Einige sagen, selbst wenn es technisch möglich gewesen wäre, bliebe das „DDR-Internet“ ein stark kontrolliertes Medium wie in China. Andere sind überzeugt, ein Internet hätte die marode DDR noch früher zu Fall gebracht. Wirklich?

Ein DDR-Internet hätte dem Staat viel Geld erspart und Kapital für andere Zwecke freigemacht, denn Nutzer können kostengünstig und sehr effektiv kontrolliert werden. Jeder subversive Gedanke kann erkannt und verfolgt werden. Ist das heute anders?

Wer sich in der heutigen Zeit im Internet, den sozialen Medien äußert, gerät in das Fadenkreuz von Datensammlern, Analysten und Staatsorganen. Statt einer Akte wird automatisch von Computerprogrammen ein Datensatz angelegt. Mehr oder weniger im Einklang mit aktuellen Gesetzen.

Wer öffentlich über Produkte einer Firma schimpft, läuft Gefahr, Besuch von ihren Anwälten zu bekommen. Wer heute zu einer Demo aufruft, landet in der Datenbank von Sicherheitsorganen – damals Staatssicherheit genannt.

Ein Internet in der DDR hätte nicht den Fall der DDR zur Folge gehabt, sondern würde der Staatsführung in die Hände spielen. Das Internet der DDR wäre auch ein perfektes Propaganda-Medium. Hätte es das Medium „Internet“ damals schon für die breite Masse gegeben, wäre die DDR dessen Befürworter. Weniger Ausgaben für die Stasi bedeutete mehr Kapital für Soziales.

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