Kirchen in der DDR – die Mormonen

Mormonen in der DDR
Mormonen in der DDR
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Mormonen in der DDR

Kirche & DDR? Das passt für viele nicht unter einen Hut. Doch tatsächlich gab es aus der evangelischen, katholischen und jüdischen Kirche noch verschiedene andere Kirchen in der DDR, von denen nicht so viel bekannt ist.

Einer dieser wenigen bekannten Kirche ist die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründete Kirche „Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“, deren Mitglieder kurz „Mormonen“ genannt werden. Einige Mormonen waren Mitglieder der CDU.

Vielen Teilen der Öffentlichkeit wurden Mormonen für die von ihnen im 19. Jahrhundert praktizierte Polygamie (Vielweiberei, Mehrehe) bekannt.

Wohlwollender Bericht der Stasi über die Mormonen

Ein wichtiger Grundsatz der Mormonen ist die absolute Integration der Mitglieder in den Staat, in dem sie leben, die Achtung seiner Gesetze und eine aktive Mitwirkung an der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens – heißt es in einem Bericht der Stasi.

Zu ihren strengen moralischen Geboten zählen:

  • unentgeltlicher zweijähriger Missionsdienst,
  • Abgabe eines Zehnten (10 % des monatlichen Arbeitslohnes),
  • absoluten Verbot von
    • alkoholischen Getränken
    • Kaffee
    • Schwarztee,
    • Tabak,
    • Kaugummi
  • stabile Eheverhältnisse,

Ab Mitte der 70er-Jahre orientierte sich die Kirche auf die Ausweitung der Einflusssphäre in den europäischen sozialistischen Ländern. Vor allem in der DDR wollte die Kirche „Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ expandieren.

Im August 1986 fand beispielsweise in Leipzig eine Regionalkonferenz statt, an der leitende Mormonen aus den USA, der Schweiz, Westberlins und der ČSSR teilnahmen. Es ging, unter anderem, um die Bereitstellung umfangreicher Valutamittel für den Bau von insgesamt 17 Gemeindezentren in der DDR.

Der im Juni 1985 in Freiberg geweihte Tempel wurde als Basis für die Ausbreitung ihrer Religion nach Osteuropa bewertet. Weitere Kirchenbauten sollten u. a. in Karl-Marx-Stadt, Zwickau, Mittweida, Plauen, Schwarzenberg sowie in Dresden, Leest/Potsdam und Wolgast/Rostock entstehen.

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage umfasste 1988 in der DDR ca. 4.500 Mitglieder aus allen sozialen Klassen und Schichten der Bevölkerung, allein ca. 2.000 waren im Bezirk Karl-Marx-Stadt wohnhaft.

Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (DDR) war der als Tempelpräsident tätige Herr Burkhardt. Er erhielt 1984 mit Zustimmung des Staatssekretariats für Kirchenfragen zusammen mit seiner Frau eine Ausbildung in den USA. Von da an besuchte er mehrmals jährlich Salt Lake City in den USA.

In einer „Einschätzung der Mormonen in der DDR“ des MfS vom 24. September 1988 heißt es:

„Die Kirchenleitung in der DDR ist um ein loyales, z.T. auch engagiertes Verhältnis zum Staat bemüht. Sie anerkennt die Trennung zwischen Staat und Kirche und orientiert ihre Funktionäre und Mitglieder auf eine aktive Teilnahme an der Gestaltung der Gesellschaft in der DDR.
Insbesondere junge Mormonen werden angehalten, jegliche Konfrontation mit dem Staat zu vermeiden, die Gesetze zu achten und den Grundwehrdienst mit der Waffe abzuleisten.“

Der Bericht wurde persönlich von Erich Mielke unterzeichnet.

Die Mormonen in der Presse der DDR

Relativ oft widmete die DDR-Presse den Mormonen positive Beiträge. Am 29.06.1985 berichtete das „Neue Deutschland“ über die Einweihung des Tempels der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage in Freiberg.

Der Staatssekretär für Kirchenfragen hob hervor, die Errichtung des Tempels bestätige das Prinzip der völligen Gleichberechtigung aller religiösen Überzeugungen in der DDR.

Tempelpräsident H. Burkhardt sagte in seiner Ansprache: „Mit diesem Tempel geht für die Mitglieder unserer Kirche ein jahrzehntelanger Wunsch in Erfüllung, wofür ich allen staatlichen Vertretern Dank sagen möchte.“ Er sei ein Zeichen „für Großzügigkeit und Loyalität“.

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